29.04.2022
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft in der kommenden Woche flächendeckend zu eintägigen Warnstreiks im Sozial- und Erziehungsdienst auf. Anlass sind die stockenden Tarifverhandlungen, die keine nennenswerten Fortschritte gebracht haben.
„Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst sind am Limit.“, berichtet Katja Klose-Harrer, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di. „Es geht den Kolleg*innen nicht nur um die finanzielle Anerkennung ihrer Arbeit. Es geht um viel mehr!“ Die Beschäf-tigten fordern nach Angaben von ver.di Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, mehr Entlastung und eine Anerkennung ihrer schwierigen Tätigkeiten. „Nach zwei erfolglosen Verhandlungsrunden, in denen die Arbeitgeber eine Antwort auf die be-rechtigten Forderungen der Sozialarbeiter*innen, der Erzieher*innen und vieler wei-terer Beschäftigte in den Kitas, in der sozialen Arbeit und in den Einrichtungen der Behindertenhilfe schuldig geblieben sind, müssen wir jetzt den Druck erhöhen“, so Klose-Harrer weiter.
Bestreikt werde am Montag, den 2. Mai, Einrichtungen der Sozialen Arbeit, am Mittwoch, 4. Mai, Kinderbetreuungseinrichtungen und am 5. Mai Einrichtungen der Behindertenhilfe.
„Am Montag zeigen die Kolleg*innen aus der Sozialen Arbeit, wie wichtig ihre Arbeit für die Gesellschaft ist und fordern Anerkennung. Wir sind die Brückenbauer*innen in dieser Gesellschaft. Wir verbinden Menschen, sind Expert*innen für Demokratie und Beteiligung. Wir sorgen für den Schutz unserer Adressat*innen.“, sagt Nives Homec, Erzieherin und Personalrätin im Sozialreferat der Stadt Nürnberg. „Nach Abschluss eines Studiums erhalten Sozialpädagog*innen und Sozialarbeiter*innen im Vergleich zu Abschlüssen in technischen Berufen viel weniger Gehalt im Monat. Ist die Arbeit mit Menschen in unserer Gesellschaft weniger Wert als die Arbeit an Maschinen?“, fragt sich Homec. „Hinter allen Fällen, die bei den Kolleg*innen landen, stecken Schicksale, kein einziger Fall ist wie der andere – und die Lösungen auch nicht. Die Beschäftigten bieten den gesamten Katalog erzieherischer Hilfen in ambulanter, teilstationärer oder stationärer Form an.“, beschreibt Homec das Angebot. Dabei steige die Zahl der Fälle mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen. „Sozialarbeit ist keine Akkordarbeit.“, so Homec weiter. Hier besteht nach Meinung von ver.di dringender Handlungsbedarf. Katja Klose-Harrer untermauert das: „Unsere Kolleg*innen in der Sozialen Arbeit sind Profis und müssen auch so bezahlt werden. Trotz fortwährend wachsenden Personalmangels scheinen die Arbeitgeber das Problem aussitzen zu wollen. Soziale Arbeit geht uns alle an, nicht nur die Beschäftigten.“
Am 4. Mai ruft die Gewerkschaf ver.di Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen und im schulischen Ganztag in den Streik. „Für die Kolleg*innen in den Kitas ist die Hal-tung der Arbeitgeber ein Schlag ins Gesicht!“, so Klose-Harrer. „Der steigende Belastungsdruck aufgrund des Fachkräftemangels und zusätzlicher Herausforderungen scheint von den Arbeitgebern nicht ernst genommen zu werden. Wir leiden darunter, unseren eigenen Ansprüchen in der Arbeit nicht gerecht werden zu können. Ohne eine Verbesserung der Bedingungen wird es künftig nur noch schwieriger, Fachkräfte zu halten und zu gewinnen. Der Personalmangel hat dramatische Folgen, sowohl für die Kinder und Eltern als auch für uns als Beschäftigte“, erklärt Magdalena Dürr, Erzieherin in einem Hort in Nürnberg. „Der Arbeitgeber zwingt uns mit seiner Haltung in den Streik. Wir werden am 4. Mai laut sein. Der Arbeitgeberverband muss endlich aufwachen und sich der Realität stellen, dass es so nicht weitergehen kann!“
„Gerade auch in der Behindertenhilfe sind Maßnahmen zur Aufwertung und Entlas-tung der Beschäftigten überfällig. Durch die Pandemie und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sind die Anforderungen an die Beschäftigten weiter gestiegen. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist die Grundlage für eine gute Versor-gung. Deshalb wird es einen eigenen Streiktag der Behindertenhilfe am 5. Mai am Wöhrder See geben. Ein „Zirkeltraining der Überlastung“ wird die Zumutungen des Arbeitsalltags in diesem Bereich deutlich machen. Die Beschäftigten der Lebenshilfen und der Noris Inklusion wollen zeigen, dass ihr Arbeit unverzichtbar ist und auch finanziell Anerkennung verdient“, ergänzt ver.di Gewerkschaftssekretär Martin Schmalzbauer.
„Bessere Arbeitsbedingungen in Kitas, in der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe, in der gesamten Sozialen Arbeit sind nicht nur für die Kolleg*innen wichtig. Die Ge-sellschaft als Ganzes profitiert davon. Wir alle wollen, dass Kinder und hilfebedürftige Menschen gut unterstützt werden. Die Bedingung dafür ist genug und qualifiziertes Personal, das nur mit guten Arbeitsbedingungen gewonnen und gehalten werden kann.“, so Klose-Harrer weiter.
Pressevertreter*innen haben die Möglichkeit, Foto- und Filmaufnahmen während der Streiktage zu machen sowie O-Töne der Beschäftigten zu sammeln.
2. Mai:
Start der Demo 10:15 Uhr Lorenzkirche, Nürnberg,
ca. 11:15 Brücken-Battel: Fleischbrücke vs. Museumsbrücke mit Gelegenheit für Video- und Tonaufnahmen. Abschluss Kornmarkt.
4. Mai:
Start der Demo 10 Uhr Maffeiplatz, Nürnberg, „Fünf nach Zwölf!“-Aktion am Rathaus Nürnberg und Rathaus Fürth mit Gelegenheit für Video- und Tonaufnahmen. Abschluss auf der Straße der Kinderrechte
5. Mai:
Streiktag Behindertenhilfe am Café Strandgut am Wöhrder See:
11:00 Uhr Treffpunkt, 12:00 Uhr Kundgebung, 14:00 Uhr „Zirkeltraining der Überlastung“
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