Kurz vor ihrer Selbstverbrennung begann Semra einen Hungerstreik. Semra Ertan zündete sie sich 1982 selbst im Alter von 25 Jahren in Hamburg an, aus Protest gegen die rassistischen Verhältnisse in Deutschland und um auf gesellschaftliche Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Zwei Tage später verstarb sie im Krankenhaus an den Folgen.
Ertan war politisch aktiv, protestierte u.a. gegen die NPD-Tarnliste „Hamburger Liste für Ausländerstopp“, die 1982 zur Bürgerschaftswahl antrat, setzte sich
für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein und
solidarisierte sich mit Geflüchteten.
Semra Ertan konnte in Worte fassen, was nur schwer in Worte zu fassen ist. Ihre Gedichte sind wichtige Zeugnisse des rassistischen Alltags in Deutschland.
Bis heute steht sie für Generationen von Menschen, die immer noch unsichtbar sind und nicht gehört werden.
In mehr als 350 Gedichten bündeln sich Schmerz, Wut, Visionen der Arbeiter*innen, gesellschaftliche Gleichberechtigung, sowie Hoffnung, Freundschaft und Liebe, Mut zu Widerstand und ein menschlicheres Mit- und Füreinander. Semra schrieb über ihre Erfahrungen als Migrantin in Deutschland, die Diskriminierung, welche sie erlebte, ihre Trauer und Wut über die gesellschaftlichen Verhältnisse und Ungerechtigkeiten. Ihre Lyrik prangert institutionellen Rassismus genauso an wie patriarchale Strukturen.
Kurz vor ihrem Tod meldete sich Semra Ertan mit den folgenden Worten an die Presse:
„Ich möchte, dass Ausländer nicht nur das Recht haben, wie Menschen zu leben, sondern auch das Recht haben, wie Menschen behandelt zu werden. Das ist alles. Ich will, dass die Menschen sich lieben und akzeptieren. Und ich will, dass sie über meinen Tod nachdenken.“
Im Dezember 2020 erschien ein Teil ihrer Gedichte als Gedichtband mit dem Titel
„Semra Ertan. Mein Name ist Ausländer“, im Verlag edition assemblage.