Die Entwicklungen der vergangenen Wochen, über die einseitig geführte Diskussion um den latenten Rassismus in der Polizei seitens der Politik, sowie die Ablehnung zur Durchführung einer Studie zu Racial Profiling von Ministerpräsident Seehofer haben uns als Landesmigrationsausschuss Bayern nicht nur entsetzt, sondern absolut verärgert. Deshalb war es uns wichtig Positiion zu beziehen. Unser ursprüngliches Anschreiben war an Seehofer, jedoch ist in ver.di die Hirarchie so, dass als Landesgremium auch nur Landes-Politiker und nicht Bundespolitiker angeschrieben werden können- dies muss von den Gremien auf Bundesebene erfolgen. Aus diesem genannten Grund haben wir unser Schreiben an den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder adressiert.
Selbstverständlich ist das Original- Schreiben mit Unterschrift von Seitens
der ehren- und hauptamtlichen Personen unterzeichnet.
Schreiben vom Landesmigrationsausschuss Bayern
Sehr geehrter Herr Dr. Söder,
wir, die Kolleg*innen vom Landesmigrationsausschuss des ver.di Landesbezirks Bayern, sind erschüttert über die Entwicklungen der vergangenen Wochen. Wir sind sowohl über die einseitig geführte Diskussion um den latenten Rassismus in der Polizei seitens der Politik, als auch das Abrücken von der Studie über Racial Profiling entsetzt. Mit diesem Anschreiben wollen wir dies auch begründen und bitten Sie, sich sowohl innerhalb der CSU als auch insbesondere beim Bundesinnenminister, Herrn Horst Seehofer, für eine Studie über Racial Profiling einzusetzen.
Dass es Racial Profiling gibt, bestreitet in Deutschland keine Person, die sich mit der Thematik reichlich auseinandersetzt. Deshalb ist für uns die Absage der Studie mit der Erklärung, dass es in der polizeilichen Praxis, vor allem bei der Bundespolizei, verboten ist, weder verständlich noch nachvollziehbar. Polizeikontrollen haben diskriminierungsfrei abzulaufen – sie tun dies auch in der Theorie. Jedoch steht die Praxis der Theorie beim Thema „Racial Profiling“ diametral entgegen!Mord und Totschlag sind auch verboten, dennoch gibt es Menschen, die morden und töten. Polizist*innen sollen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, was grundsätzlich der Fall ist. Wir, der Landesmigrationsausschuss, wollen hier betonen, dass wir dies auch so sehen und es liegt uns fern, die Polizei unter Generalverdacht zu stellen.
Tatsache ist aber,dass es Rassismus und Rechtsextremist*innen auch innerhalb der Polizei gibt, die unter anderem die Linken-Politikerin Janine Wissler und die Anwältin Seda Basay-Yildiz bedroht haben. Vor kurzem wurde bekannt, dass in Hessen gegen 70 Polizist*innen Ermittlungen eingeleitet worden sind. Vorwurf: Rechtsextremismus. Ebenso zeigt dies die Untersuchung bei der Polizei im bayerischen Ingolstadt..
Sieht man sich die Entwicklungen um die Ermittlungen und die Berichterstattung von Polizei und Medien in der Causa „Stuttgarter Gewaltnacht“ an, so wurde ein qualitativer Unterschied zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund gemacht, obwohl sie deutsche Bürger*innen sind!
Der Höhepunkt der aktuellen Entwicklung ist allerdings die vermeintliche „Stammbaumforschung“. Der Begriff ist zwar seitens des Stuttgarter Polizeipräsidenten nicht benutzt worden, man hat aber dennoch bei Standesämtern bundesweit angefragt, welche ethnische Wurzeln die Täter haben. Egal, ob man das Kind beim Namen nennt oder, wie es der Stuttgarter Polizeipräsident getan hat, umschreibt: Rassismus bleibt Rassismus.Ein weiterer Mangel ist aus unserer Sicht die fehlende interkulturelle Kompetenz während der Ausbildung innerhalb der Polizei.Umso unverständlicher ist die Absage der Racial Profiling Studie vom Bundesinnenminister und ihrem Parteikollegen Herrn Horst Seehofer, die für die Diskussion über das Thema Rassismus in der Polizei eine sachliche und objektive Grundlage liefern kann. Vielleicht hätten die Ergebnisse dieser Studie auch gezeigt, dass es tatsächlich keinen Rassismus in der Polizei gibt, da es ja laut Innenministerium nicht zur polizeilichen Praxis gehört.
So hat Herr Seehofer den von Rassismus und Racial Profiling betroffenen Menschen, den Polizeibeamt*innen und der deutschen Gesellschaft die Chance genommen dieses Thema auf eine sachliche Art und Weise zu diskutieren und weitergehende Maßnahmen einzuleiten, um Betroffenen zu helfen und den Generalverdacht, der aktuell gegen die Polizei besteht, abzuschwächen.
Wir finden es extrem bedenklich und nicht nachvollziehbar, dass Bundesinnenminister Seehofer der Empfehlung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), eine Studie zum Thema Racial Profiling in Auftrag zu geben, nicht folgt. Damit wird von Herrn Seehofer ein nicht unerheblicher Teil der Bürger*innen Deutschlands im Stich gelassen und uns vermittelt, dass wir Bürger*innen zweiter Klasse sind, die sich rassistisch- motivierte Polizeikontrollen und Behandlungen seitens der Polizei gefallen lassen müssen. Es wird der Eindruck erweckt, dass das Innenministerium auf dem rechten Auge, wenn es um die Beschäftigten im Polizeidienst geht, blind ist. Anders können wir, der ver.di Landesmigrationsausschuss Bayern, die Absage der Studie nicht interpretieren.Ferner ist es zwingend notwendig, unabhängige Antidiskriminierungsstellen in allen 16 Bundesländern einzurichten, welche den Opfern von Diskriminierung als Beratungs- und Anlaufstellen zur Verfügung stehen und helfen können.
Wir bitten Sie, Herr Dr. Söder, eine Empfehlung an unseren Bundesinnenminister Herrn Seehofer auszusprechen und die Studie in Auftrag zu geben, gleichwohlsich verstärkt gegen Polizeigewalt, Racial Profiling und strukturellen Rassismus in der Polizei einzusetzen!
Folgen Sie bitte der Empfehlung der ECRI und setzen Sie sich für wichtigsten zwei Forderungen ein:
Mit freundlichen Grüßen
Charlotte Johnson Linda Schneider
Vorsitzende ver.di Landesmigration Bayern stv. Landesbezirksleitung Bayern