Die Ausbreitung des Covid-19 Virus bringt vielfältige Fragen auch für die Ausübung des gewerkschaftlichen Zutrittsrechts im Betrieb.
Nachfolgend daher eine kurze Darstellung, welche Aspekte ggf. neu wegen Corona zu bewerten sind. Dies ist keine abschließende Darstellung.
Das Zutrittsrecht der Gewerkschaft zum Betrieb ergibt sich aus zweierlei Grundlagen:
Zum einen vermittelt § 2 Abs. 2 BetrVG sowie auch § 2 Abs. 2 BPersVG sowie die Mehrheit der Landespersonalvertretungsgesetze ein Zugangsrecht der Gewerkschaft zum Betrieb zur Wahrnehmung ihrer betriebs- und personalverfassungsrechtlichen Aufgaben. Dieses Recht bezieht sich auf die betriebsverfassungsrechtliche Unterstützungsfunktion sowie auf die im BetrVG ausdrücklich genannten gewerkschaftlichen Befugnisse, z.B.: Einreichung von Wahlvorschlägen, Einberufung von Betriebsratswahlversammlungen etc.
Entsprechendes gilt für das Zugangsrecht der Gewerkschaften zur Dienststelle, § 2 Abs. 2 BPersVG (bzw. gem. den jeweiligen LPersVG).
Erforderlich ist, dass die Gewerkschaft im Betrieb oder der Dienststelle vertreten ist.
Zum anderen besteht ein koalitionsrechtlich unmittelbar aus Art. 9 III GG begründetes Zugangsrecht der Gewerkschaften, welches ihnen die Möglichkeit eröffnet, die Interessen ihrer Mitglieder auch im Betrieb, bzw. der Dienststelle zu vertreten. Hier geht es um Mitgliederwerbung, allgemeine Informationen über die Tätigkeit der Gewerkschaft usw.
Auf das Vertretensein der Gewerkschaft im Betrieb/Dienststelle kommt es hierbei nicht an, jedoch ist die Ausübung des auf Art. 9 III GG begründeten Zutrittsrechts durch die Rechtsprechung bislang nur für einen einmaligen Betriebs-/Dienststellenbesuch pro Kalenderhalbjahr anerkannt.
Die hierin liegende faktische Beschränkung des Zutrittsrechts kann aber nicht als generelle Regel gelten, wenn in bestimmten besonderen Fällenauch ein häufigerer Betriebsbesuch erforderlich sein sollte und die Gewerkschaft nur auf diese Weise ihrer koalitionsspezifischen Aufgabenstellung nachgehen kann.
In beiden Fällen bestimmt die Gewerkschaft selbst, wen sie als Beauftragten in den Betrieb/ die Dienststelle schickt oder mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt.
Dies kann auch ein gewerkschaftlich organisierter Beschäftigter des Betriebs/ der Dienststelle sein.
Zudem muss die Gewerkschaft den Besuch rechtzeitig ankündigen (i.d.R. 1 Woche, in durch besondere Umstände begründeten Fällen genügt auch 1 Tag),
sowie Ort und Tag des Besuchs angeben.
Zur Information des Arbeitgebers gehören auch Angaben über die Anzahl der eintreffenden Beauftragten sowie ihrer Namen.
Dies dient dem Zweck, dass der Arbeitgeber in die Lage versetzt wird, die Berechtigung des Zutrittsverlangens zu prüfen.
Strittig ist, ob die gewerkschaftliche Werbung auch während der Arbeitszeit durch Gewerkschaftsbeauftragte erfolgen darf.
Die Rechtsprechung ist hier eher restriktiv.
Derzeit gibt es vermehrt zwei Begründungen der Arbeitgeber, mit denen das Zutrittsrecht verwehrt wird.
Zum einen lehnt der Arbeitgeber ein Zutrittsrecht in Bezug auf die Mobilisierung für den Streik oder den konkreten Streikaufruf ab, zum anderen wollen Arbeitgeber den Zutritt verwehren und führen dabei die grassierende covid19-Pandemie ins Feld.
Teilweise werden auch beide Begründungen vermischt.
Hier ist genau zu unterscheiden, aus welchem Rechtsgrund der Zutritt gewollt ist:
In Bezug auf die sich aus den Mitbestimmungsgesetzen ergebenden Zutrittsrechte ist eine Verweigerung mit Blick auf das Streikrecht in der Regel nicht zulässig,da vielmehr gerade in Streiksituationen ein erhöhter Beratungsbedarf für betriebs- und Personalräte sowie JAVen bestehen kann.
Dies ändert sich auch nicht durch die Pandemiesituation.
Hingegen muss der Arbeitgeber keine Werbung für den Arbeitskampf oder gar konkrete Arbeitskampfmaßnahmen in seinem Betrieb dulden.
Insoweit kann er hier durchaus von seinem Hausrecht Gebrauch machen. Auch dies ist zu Zeiten von Corona nicht anders als sonst.
Sofern der Arbeitgeber den Zutritt jedoch aufgrund von Corona verweigert, ist allein mit dieser Begründung das sich aus Art. 9 III GG mittelbar oder unmittelbar ergebende Zutrittsrecht nicht hinfällig.
Allerdings ist zu beachten, dass wir als ver.di selbst ein elementares Interesse daran haben, unsere Mitglieder in ihrer Gesundheit nicht durch unsere gewerkschaftlichen Aktionen zu gefährden - das gilt selbstverständlich auch für die Ausübung des Zutrittsrechts.
Auch während der Covid-19 – Pandemie muss die Gewerkschaft, wie sonst auch, auf die betrieblichen Belange des Arbeitgebers Rücksicht nehmen, d.h. durch den Zutritt darf es nicht zu Störungen des Betriebsablaufs kommen, erst Recht keine Verbreitung des Covid-19 Virus herbeigeführt werden.
Insoweit sollte der/die Beauftragte sich vor Ausübung des Zutrittsrechts mit den betrieblichen Hygienevorgaben vertraut machen und die Ausgestaltung des Zutritts daran ausrichten. Im Zusammenhang mit der erforderlichen Ankündigung könnte/sollte daher direkt mit dem Arbeitgeber geklärt werden, wie unter den aktuellen Gegebenheiten das Zutrittsrecht ausgeübt werden kann/ soll. Hier gilt der Grundsatz, dass ver.di alles tut, was notwendig ist und alle Anforderungen des Arbeitgebers zur Einhaltung der aktuell jeweils geltenden Corona-Regelungen erfüllt.
Maßstab kann dabei das sein, was auch für Beschäftigte im Betrieb gilt. D.h. verlangt die AG-Seite von ver.di einen aktuellen negativen Test auf SARS-CoV-2, von den eigenen Betriebsangehörigen jedoch nicht, dann ist das für die Ausübung des Zutrittsrechts nicht zusätzlich von ver.di Beauftragten zu verlangen.
Etwas Anderes kann nur dann gelten, wenn aktuelle Corona-Verordnungen dieses vorsehen und die Verordnung hier angewendet werden muss.
Eine zulässige Beschränkung des Zutritts als solchen leitet sich aus Vorgaben des Arbeitgebers damit nicht unmittelbar ab. Diese Vorgaben sind im Einzelfall zu prüfen.
Verweigert der Arbeitgeber ver.di Beauftragten den Zutritt zum Betrieb/ zur Dienststelle, obwohl alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann hiergegen gerichtlich vorgegangen werden.
Dies ist jedenfalls im Rahmen des aus BetrVG bzw. BPersVG/LPersVG’en begründeten Zutrittsrechts im Einzelfall auch im Wege einer einstweiligen Verfügung möglich.
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Gerne stellen wir Dir hier ein paar nützliche Dinge zur Verfügung.
Bei Fragen ist Kollegin Steff Schulze gerne für Dich da. Ihre Kontaktdaten findest Du auf der Startseite.
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Ein schöner Einstieg auf Betriebs- oder Personalversammlungen und Veranstaltungen kann ein kurzer Film sein. Hier findest Du unsere Empfehlungen.
Was haben die Gewerkschaften je für uns getan?
https://www.youtube.com/watch?v=TfjHituJoMI
ver.di - macht immer Sinn!
https://www.youtube.com/watch?v=303VjKZzPJc
Was Gewerkschaft bedeuten kann.
https://www.youtube.com/watch?v=bncHLbvs_Rw
Wie ist das eigentlich so mit ver.di?
https://www.youtube.com/watch?v=ZphbRpGMf20&feature=youtu.be
Gewerkschaftlicher e-Mailversand im Betrieb ist erlaubt
Vertrauensperson darf per Firmenmail zum Warnstreik aufrufen
Eine gewerkschaftliche Vertrauensperson ist auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers grundsätzlich befugt, im Auftrag der Gewerkschaft Emails von ihrem Arbeitsplatz an die betrieblichen Email-Adressen anderer Beschäftigter zu versenden, in denen für die Gewerkschaft geworben, über Streikmaßnahmen informiert und zur Streikteilnahme aufgerufen wird.
Das entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (Az.: 19 Sa 1835/09). Die Klägerin ist bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Sie ist Mitglied und Vertrauensfrau der Gewerkschaft. Bei der Beklagten gilt nach der IT-Nutzungsordnung 7.1., dass die IT-Infrastruktur grundsätzlich nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden darf. Die Klägerin versandte an die betrieblichen Email-Adressen von Beschäftigten eine E-Mail, mit dem Inhalt eines Streikaufrufes der Gewerkschaft und einem Beitrittsformular. In der späteren Tarifeinigung wurde vereinbart von Maßregelungen infolge gewerkschaftlichen Warnstreiks abzusehen. Dennoch erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen den Betriebsfrieden, wogegen diese sich gerichtlich wehrte. Die Richter gaben der Klage – in Abweichung zur Vorinstanz – statt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus §§ 242, 1004 BGB und aus der Maßregelungsklausel gemäß Nr. 11 der Tarifeinigung. Hierbei könne sie ihr Recht sowohl aus dem Schutz koalitionsspezifischer Verhaltensweisen aus Art. 9 III GG, sowie aus dem Maßregelungsverbot laut Ziffer 11 der Tarifeinigung stützen.
Zutrittsrecht der Gewerkschaft zur Mitgliederwerbung in Betrieben
Ein Unternehmen mit 200 Beschäftigten ohne Betriebsrat hat den Zutritt eines oder mehrerer von der
Gewerkschaft ausgewählter Gewerkschaftsvertreter in ihre Räumlichkeiten exklusive der Produktionsfläche und
der Büros zum Zwecke der Mitgliederwerbung und Informationsmaßnahmen jeweils einmal im Kalenderjahr
während der Pause zu dulden. Dies ist grundsätzlich auch Gewerkschaftsvertretern zu ermöglichen, die zuvor
des Betriebsgeländes verwiesen wurden.
(LAG Köln, Urteil v. 16.09.2016 – 10 Sa 328/16, rechtskräftig).
Gewerkschaftswerbung via E-Mail
BAG, Urteil vom 20. Januar 2009 – 1 AZR 515/08
Eine tarifzuständige Gewerkschaft ist aufgrund ihrer verfassungsrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit grundsätzlich berechtigt, E-Mails zu Werbezwecken auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers und Aufforderung durch die Arbeitnehmer an die betrieblichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten zu versenden.
Problempunkt:
Die Klägerin ist ein Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt etwa 3.300 Mitarbeitern. Sie beschloss Ende 2006, mehrere Standorte zu schließen. Die Gewerkschaft ver.di versandte daraufhin eine E-Mail an die betrieblichen E-Mail-Adressen sämtlicher Arbeitnehmer, in der sie den gewerkschaftlichen Standpunkt zu den angekündigten Schließungen darstellte und verschiedene Forderungen gegenüber dem Unternehmen erhob. Zugleich kündigte sie an, sie werde die Beschäftigten "künftig intensiv und direkt auf dem Weg des Mailings informieren".
Die Mail-Adressen waren nach dem Muster Vorname.Nachname@Unternehmen.de aufgebaut. Auf welchem Weg die Gewerkschaft an sie gelangt war, blieb ungeklärt. Den Mitarbeitern der Klägerin ist es durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung gestattet, während der Arbeitszeit einen privaten E-Mail-Zugang aufzurufen. Dagegen ist es ihnen ausdrücklich untersagt, die betriebliche E-Mail-Adresse zu privaten Zwecken zu nutzen.
Mit seiner Klage wendete sich das Unternehmen dagegen, dass ver.di weiter gewerkschaftliche Werbung an Mitarbeiter über ihre dienstliche E-Mail-Adresse versendet. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung der Gewerkschaft zurück.
Entscheidung:
Eine tarifzuständige Gewerkschaft ist berechtigt, E-Mails auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers und ohne vorherige Aufforderung seitens der Arbeitnehmer an die betrieblichen Mail-Adressen der Beschäftigten zu versenden. Die Entscheidung, Mitarbeiter auf diesem Weg anzusprechen, ist Teil ihrer durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützten Betätigungsfreiheit. Demgegenüber müssen das Eigentumsrecht des Arbeitgebers aus Art. 14 Abs. 1 GG und sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 2 Abs. 1 GG zurückzutreten. Dies gilt jedenfalls, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betriebsablaufstörungen oder spürbaren wirtschaftlichen Belastungen führt. Auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer kann sich der Arbeitgeber nicht berufen.
Die Befugnis der Gewerkschaften, durch E-Mails an die betriebliche Adresse Mitglieder zu werben und die Beschäftigten zu unterrichten, folgt aus der gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit. Deren Ausgestaltung obliegt den Gerichten im Wege der gesetzesvertretenden Rechtsfortbildung. Dabei beschränkt sich der Schutz von Art. 9 Abs. 3 GG nicht auf den Kernbereich der koalitionsmäßigen Betätigung, der unerlässlich ist, um den Koalitionszweck zu erreichen. Vielmehr erstreckt er sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Er umfasst daher auch die Art, in der eine Gewerkschaft Werbung betreiben und Informationen erteilen will.
In diesem Zusammenhang sieht das BAG die Möglichkeit, dass Gewerkschaften sowohl mit Mitgliedern als auch mit Nichtmitgliedern via E-Mail in Kontakt treten können, als „geschütztes Interesse von erheblichem Gewicht“ an. Der betrieblichen E-Mail-Adresse kommt dabei besondere Bedeutung zu, weil Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eher bereit sind, sich mit gewerkschaftlichen Belangen zu befassen. Außerdem ist zu befürchten, dass Gewerkschaften, die sich nicht des betrieblichen E-Mail-Systems bedienen können, bei den Mitarbeitern zunehmend als „veraltet“ gelten und daher Akzeptanzverluste befürchten müssen.
Diesen Interessen der Gewerkschaft stehen nach Auffassung der Erfurter Richter nur geringfügige Belastungen des Arbeitgebers gegenüber. Der Umfang der Arbeitszeit, die die Beschäftigten aufwenden, um die Werbung zu lesen, lässt sich kaum verlässlich messen. Er ist jedenfalls nicht höher als bei der Lektüre von Werbe- und Informationsmaterial, das die Gewerkschaften in Papierform übereichen. Beeinträchtigungen durch die Nutzung von Speicherplatz und Sachmittel sind nicht ersichtlich.
Überdies steht eine tarifzuständige Gewerkschaft zum Arbeitgeber als Inhaber des Betriebs und der Betriebsmittel in einer besonderen Beziehung, wenn sie koalitionsmäßige Aufgaben wahrnimmt. Daher ist ihm eine Inanspruchnahme seines Eigentums und seiner Betriebsmittel eher zumutbar. Ein Vorrang seiner Interessen gegenüber denen der Gewerkschaft ist erst denkbar, wenn Häufigkeit, Umfang oder Inhalt der E-Mails den Betriebsablauf bzw. den Betriebsfrieden stören und den Betätigungsschutz entfallen lassen. Dasselbe gilt, falls kein inhaltlicher Bezug zum verfassungsrechtlich geschützten Koalitionszweck besteht.
Informationsrechte der Gewerkschaften
Das Recht der Gewerkschaften auf Werbung und Information in den Betrieben ist vom Grundsatz her gesichert. Sowohl die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten als auch Beauftragte der Gewerkschaft dürfen im Betrieb Informationsmaterialien verteilen und Werbung für die Gewerkschaft machen.
Die Rechte der Gewerkschaft im Betrieb bestehen in originären Gewerkschaftsrechten gemäß Art. 9 III Grundgesetz.
Die Koalitionsfreiheit nach dem Grundgesetz:
Das Grundgesetz gewährleistet den Schutz der Gewerkschaft in ihrer Koalitionsfreiheit mit dem Recht auf eine eigene Organisationsform mit eigener verbandsinternen Organisation und dem Recht, diese Koalition zu erhalten und zu sichern. Was sich so allgemein und unkonkret anhört ist der Schutz, für die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen einzutreten und in diesem Kontext die Interessen ihrer Mitglieder in dem antagonistischen Interessensgegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den das Grundgesetz anerkennt, zu vertreten. Ganz konkret sind dies die Sicherung der Tarifautonomie mit dem Streikrecht zur Herstellung und Wahrung eines Verhandlungsgleichgewichts und das Recht auf Mitgliederwerbung und Information über die Ziele der Gewerkschaft innerhalb des Betriebes.
Voraussetzung für die Werbung für die Gewerkschaftsziele und die Mitgliederwerbung innerhalb des Betriebes ist nicht zwingend, dass die Gewerkschaft auch mit einem Mitglied im Betrieb vertreten ist. Die Gewerkschaft hat somit das Recht auf Zutritt in den Betrieb, wie das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden hat (BAG 1 AZR 460/04 und 461/04 vom 28.02.2006).
In einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) heißt es dazu:
"In den Betriebsräumen spielt sich das Arbeitsleben ab und dort werden die Leistungen erbracht, für die die Arbeitnehmer tarifvertraglich entlohnt werden. Dort tauchen die Fragen auf, die sich aus der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und aus der Zusammenarbeit der Arbeitnehmer untereinander ergeben. Deshalb gehört es zum Kernbereich der verfassungsrechtlich den Koalitionen zugebilligten Werbe- und Informationsfreiheit, auch und gerade im Betrieb ihre Mitglieder zu informieren und neue Mitglieder zu werben." (Bundesarbeitsgericht vom 14.2.67 - 1 AZR 464/65)
Bei der Verteilung von Gewerkschaftsmaterialien sind aber Spielregeln einzuhalten.
Flugblätter oder Betriebszeitungen können nur vor oder nach der Arbeit, bzw. während der Pausen weitergegeben werden. Ein Gewerkschaftsmitglied hat laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 grundsätzlich das Recht, jederzeit und damit auch während der Arbeitszeit für seine Gewerkschaft zu werben (BVerfG vom 14.11.1995 -1 BvR 601/9z). Lediglich die nachhaltige Störung des Arbeitsablaufs bzw. des Betriebsfriedens wäre ein Hinderungsgrund, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, das dem Arbeitgeber aber gleichzeitig auferlegt, dies schlüssig zu beweisen (LAG Schleswig-Holstein vom 01.12.2000-6 Sa 562/99).
Erlaubt sind alle Themen rund um die Arbeitswelt, Wirtschaft und Sozialpolitik,
auch wenn sie von allgemeinem politischen Interesse sind. Dabei müssen die Äußerungen sachlich sein. Dies kann auch Kiritk und Polemik beinhalten, aber keine Beschimpfungen, Beleidigungen oder das Anprangern von Angelegenheiten aus dem privaten Umfeld. Wer es noch detaillierter wissen will, kann.
Werbung ist erlaubt
Die Gewerkschaft hat auch das Recht, ihre gedruckten Informationen wie Flugblätter und Plakate an einer hierzu vorgesehen Stelle im Betrieb wie z.B. am Schwarzen Brett auszuhängen (BVerfG vom 17.021981- 2 BvR 384/78, BAG vom 14.02.1978 - 1 AZR 280/77).
Neben dem Aushang dürfen auch Flugblätter und anderes gewerkschaftliches Informationsmaterial sowohl vor als auch im Betrieb verteilt werden (BVerfG vom 17.02.1981 - 2 BvR 384/78, BAG vom 14.02.1978 - 1 AZR 280/77).
Sie dürfen auch während der Arbeitszeit an ihrer Arbeitskleidung Anstecknadeln und Plaketten tragen, mit denen auf Forderungen der Gewerkschaft wie z.B. während einer laufenden Tarifrunde ("0,5% mehr Lohn - das ist ein Hohn") oder Kampagne ("Stopp Bolkestein") hinweisen.
Auch Unterschriftenaktionen sind im Rahmen dieser Gewerkschaftsrechte abgesichert.
Gewerkschaftsmitglieder dürfen aber auch persönliche Gespräche während der Arbeitszeit mit ihren Arbeitskollegen zur Mitgliederwerbung führen, soweit dadurch die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird(BVerfG vom 17.02.1981 - 2 BvR 384/78), (BAG vom 23.02.1979 - 1 AZR 172/78)
Neue Medien schaffen keine neue Rechtslage
Im Rahmen ihrer koalitionsrechtlichen Aufgaben haben Gewerkschaften das Recht, Werbungs- und Informationsmaterialien in digitalisierter Form über die im Betrieb vorhandenen IT-Dienste und -Netze zu transportieren (insbesondere E-Mail-Systeme). Dies beinhaltet auch einen Anspruch auf Einstellung gewerkschaftlicher Inhalte in ein betriebliches Intranet. Der Arbeitgeber muss eine entsprechende Nutzung zulassen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Rechtspositionen des Arbeitgebers unzumutbar beeinträchtigt werden. Dies ist vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen
Bestehen aus dem Betrieb heraus allgemeine Zugangsrechte zum Internet, können Beschäftigte diese nutzen, um auf Informationsangebote der Gewerkschaften zuzugreifen. Gezielte Nutzungseinschränkungen durch den Arbeitgeber wären ein unzulässiger Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsrecht der Gewerkschaften gemäß Art. 9 Abs. 3 GG.
Die Versendung von Werbe- und Informationsmaterialien auf elektronischem Weg ist auch dann zulässig, wenn dies zur Folge hat, dass die Beschäftigten sich hiermit während ihrer Arbeitszeit befassen. Eine andere Bewertung kann sich im Einzelfall nur aufgrund einer substantiierten Darlegung des Arbeitgebers ergeben, die zur Feststellung führt, dass der Eingriff auch als Ergebnis einer Interessenabwägung nicht hinnehmbar ist.
Gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern stehen in Wahrnehmung koalitionsrechtlicher Aufgaben die gleichen Nutzungsansprüche und -rechte zu wie Gewerkschaften selbst. In diesem Rahmen können einzelne gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer sowohl innerbetrieblich die ihnen zur Verfügung stehenden IT-Dienste und -Netze nutzen als auch von außen über einen privaten E-Mail-Account auf elektronischem Weg Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen im Betrieb aufnehmen.